Schwalben gelten als Glücksbringer und Frühlingsboten. Die kleinen Flugakrobaten haben bei uns im und am Stall ihre Brutplätze. Seit einigen Jahren kommen sie jeden Frühling und beziehen hier ihr Sommerquartier. Die kleinen Vögel vollbringen erstaunliche Leistungen beim Nestbau. Im Flug sind sie unschlagbar flink, elegant und unternehmen so waghalsige Flugmanöver, dass einem beim Zuschauen schon schwindelig werden kann. Es ist ein lustiges Treiben im Stall und auch ganz schön laut. Pausenlos fliegen immer wieder Schwalben ein und aus, kreisen in wahnsinniger Geschwindigkeit über das angrenzende Feld oder um unsere Pferde. Die sind das mittlerweile schon gewohnt und lassen sich durch das bunte Treiben nicht aus der Ruhe bringen. Sie wissen instinktiv, dass die kleinen Flugakrobaten die lästigen Fliegen, Mücken oder Bremsen fressen, die sich beharrlich auf ihrem Fell niederlassen wollen. Eine Win-Win-Situation also, ausser für die Insekten natürlich. Denn die landen in den Schnäbeln der lauthals fordernden Schwalbenbrut!

Mit den ersten warmen Tagen Ende März oder Anfang April beginnt bei uns das Schwalbenjahr. Denn zu dieser Zeit treffen meistens die ersten Männchen der Rauchschwalben ein. Die Mehlschwalben kommen einige Wochen später. Rauch- und Mehlschwalben sind übrigens die in Deutschland am häufigsten vertretenen Schwalbenarten und gehören zu menschlichen Siedlungen seit Jahrtausenden dazu.

Rauchschwalben haben einen langen gegabelten Schwanz und eine braune Brust. Sie bauen ihre offenen Nester lieber in Gebäuden. Mehlschwalben sind etwas rundlicher und haben eine weiße Brust. Sie bauen ihre geschlossenen Nester lieber an Aussenwänden oder unter einem Überhang, den sie als Dach benutzen. Schwalben haben eine hohe Brutplatztreue und auch die Jungschwalben siedeln sich in der Nähe ihres Erbrütungsortes wieder an. Kein Wunder also, dass sich die Schwalbenpopulation bei uns von Jahr zu Jahr vergrößert!

Partnerwahl nach Schwalbenart
Bei den Rauchschwalben suchen sich die Weibchen ihren Partner nach ganz bestimmten Kriterien aus. Diese sind auf den verschiedenen Erdteilen, wo sie ansässig sind, jedoch sehr unterschiedlich. In Europa schauen die Weibchen besonders auf die Länge der Schwanzspitzen. In Nord-Amerika wirkt ein dunkles Brustgefieder besonders anziehend und in Israel wird beides genau begutachtet. Die Länge der Schwanzspitzen ist allerdings kein reines Schönheitsmerkmal, sondern weist auf eine gute Gesundheit hin. Ausserdem treffen Männchen mit langen Schwanzspitzen als erstes am Brutplatz ein und bekommen so die besten Weibchen.

Nestbau
Nach der Begattung beginnen Schwalben mit dem Nestbau. Dazu beziehen sie entweder das alte Nest, das lediglich etwas ausgebessert werden muss, oder sie bauen ein neues Nest.
Schwalben bauen ihre Nester kugelförmig mit Lehm aus Schlammpfützen, Pflanzenbestandteilen und Pferdehaaren. Dabei gehen sie immer in kleinen Portionen vor. Das heisst, die Schwalbe nimmt einen kleinen Klumpen Lehm, den sie an das Nest ansetzt, und vermengt ihn mit ihrem Speichel sowie den anderen Materialien.

Ab Mitte Mai legen die Schwalben-Weibchen ihre Eier. Je nachdem wie reichhaltig das Angebot an Insekten ist, brüten Schwalben bei günstiger Witterung zwei bis drei Mal im Jahr und ziehen pro Brut drei bis sechs Junge auf. Pro Jahr werden in einer Schwalbenfamilie rund 250.000 Insekten verfüttert. Dabei fangen sie die Insekten künstlerisch aus der Luft!

Aufbruch in wärmere Gefilde
Wenn Ende September die Tage wieder kürzer und die Nächte kälter sind, brechen die Schwalben langsam in den Süden auf. Da geht es in unserer Scheune noch einmal ziemlich lautstark zu, denn sie sammeln sich abflugbereit auf den Verstrebungen hoch oben am Stalldach, was man auf dem Boden sehr gut erkennen kann. Und dann eines Tages sind sie weg. Die Nester lassen wir natürlich wo sie sind. Allerdings haben wir einige Tage zu tun, um alles wieder von Kot und Dreck zu befreien, bis die kleinen Flugkünstler im nächsten Jahr wiederkommen…

 

Schwalben und der Klimawandel
Damit Schwalben wissen, wann es Zeit zum Aufbruch aus dem afrikanischen Winterquartier ist, orientieren sie sich an der Nordatlantik Oszillation. Sie beschreibt das Wetter in den Subtropen und der Arktis und geht dabei auf die Schwankungen der Druckverhältnisse zwischen Ozean und Land ein. Wie genau, ist nicht bekannt, aber Schwalben können diese großräumigen Wetterphänomene wahrnehmen und bilden daraus Rückschlüsse auf den Fortschritt der Vegetation und der Insektenpopulation, also wieviel Nahrung wahrscheinlich zur Verfügung steht. Durch den Klimawandel machen sich Schwalben immer früher auf den Weg zum Brutgebiet. Allerdings nicht früh genug, um den höchsten Insektenstand zu erwischen, denn das ist bei uns schon Mitte März der Fall. Wenn die Schwalben Ende März kommen, brüten sie frühestens Mitte Mai, wenn die Insektenpopulation bereits stark zurückgegangen ist.

In Deutschland geht die Schwalbenpopulation allerdings auch aus einem anderen Grund immer stärker zurück. Das hat also nicht nur mit dem Klimawandel, sondern auch damit zu tun, dass sie immer mehr aus ihrem Lebensraum verdrängt werden. Denn die fortschreitende Versiegelung von Flächen und der Strassenbau, verhindern die Ansiedlung von Schwalben. Sie finden weder ausreichend Baumaterial für ihre Nester, noch das Futter, um ihre Jungtiere aufzuziehen.

Wir allerdings freuen uns jedes Jahr auf unsere Sommergäste und wissen es zu schätzen, dass sie unseren Stall sowie die Umgebung als ihre Brutstätte wählen. Die Natur hat einen unschätzbaren Wert und wenn wir uns die Zeit nehmen, genau hinzuschauen und zu beobachten, können wir erkennen wie das Zusammenspiel funktioniert.

Viel Freude an der Natur wünscht Euer Team von
Elektro Koelmann

 

 

Fotos: Bernd Hempen
Quellen: NABU Deutschland, Radio Wissen BR