Die Energieversorgung in Deutschland befindet sich vor dem Winter in einem sensiblen Stadium. Zu keiner Zeit war Energiesparen angesagter als jetzt. Seit dem 1. September gelten daher von der Bundesregierung erlassene Maßnahmen: Ladentüren von beheizten Innenräumen sollen geschlossen bleiben, beleuchtete Werbeanlagen müssen von 22.00 – 16.00 Uhr abgeschaltet bleiben, die Mindesttemperatur von Arbeitsräumen wird auf 19° beschränkt, um nur einige zu nennen. Auch Städte und Kommunen müssen über weiterreichende Maßnahmen nachdenken.

Wir alle haben in unserer aufgeklärten Zeit, in der die Energiewende an so großer Bedeutung gewonnen hat, nicht mit einem Krieg gerechnet, der die Errungenschaften an Fortschritt und Wissen so sehr ins Wanken bringen würde. Wir sind gezwungen, uns an diese Situation anzupassen und einmal mehr unsere Energieversorgung zu überdenken. Aber auch jeder Einzelne von uns sollte seinen Umgang mit Energie genau, möglichst objektiv und vor allem dauerhaft überdenken.

Derzeit erfordert die Energieversorgung in Deutschland noch einen erheblichen Einsatz von fossilen Rohstoffen, wie Kohle, Erdgas und Erdöl. Auch wenn konventionelle Energieträger nur noch ca. 52 % unserer Energie liefern*, können wir nicht gänzlich auf sie verzichten. Laut einer Mitteilung des statistischen Bundesamtes vom September 2022, stieg der Anteil der Stromversorgung durch erneuerbare Energiequellen, wie Windkraft, Photovoltaik und Biogas, dieses Jahr auf 48,5 %. Knapp ein Drittel des eingespeisten Stroms (31,3 %) stammt aus Kohlekraftwerken, was eine Steigerung um 23,5 % im Vergleich zum Vorjahr ausmacht. Eine Katastrophe, wenn man den CO2 Ausstoß betrachtet. Solange der erzeugte Strom aus erneuerbaren Energien nicht dauerhaft gespeichert und bei Bedarf ins Netz eingespeist werden kann, sind wir also abhängig von herkömmlichen Energieträgern.

Weiterhin beziehen wir nicht unerhebliche 11,7 % unseres Stroms aus Erdgas. 6 % kommen weiterhin aus Atomkraft – das macht zwar einen Rückgang um rund 50 % aus und ist auf die Abschaltung dreier Atomkraftwerke zurückzuführen, im Worst Case hilft uns das jedoch nicht. In Deutschland werden planmäßig alle Kernkraftwerke zum Jahresende abgeschaltet. Lediglich zwei davon hängen über das Jahresende hinaus noch am Netz. Sie sollen im Bedarfsfall zum Einsatz kommen. Eine Inbetriebnahme ist im Prinzip völlig unproblematisch. Jedoch ist das Problem ein ganz anderes, denn es fehlt an Brennelementen, die für den Betrieb nun mal notwendig sind. Die Herstellung dieser Brennelemente kann 12 – 15 Monate dauern. Es verbleiben also die Atomstrom-Importe aus Frankreich, auch wenn diese durch die Klima bedingte Hitzeperiode und marode Kraftwerke stark zurückgegangen sind. Rund die Hälfte der französischen Reaktoren, 27 von 56, mussten abgeschaltet werden. Somit ergibt sich erstmals eine positive Bilanz, was den Export/Import von Strom mit unserem Nachbarland betrifft. Denn Frankreich kauft im Gegenzug von uns den überschüssigen Strom aus regenerativen Energiequellen, den wir mangels Speichermöglichkeiten nicht nutzen können. Auch wenn Frankreich nicht vom russischen Gas abhängig ist, stehen den Franzosen genau die gleichen Probleme ins Haus wie den Deutschen. Im Ernstfall, braucht Frankreich seinen Atomstrom für den Eigenbedarf.

Doch was genau bedeutet eigentlich so ein Worst-Case-Szenario und wie könnte es überhaupt dazu kommen? Dazu ist es wichtig erst einmal zu verstehen, wie ein Stromnetz überhaupt funktioniert.

In Europa beträgt die Netzspannung generell 230 V. Die Netzspannung wird von den Stromversorgern in den Stromnetzen bereitgestellt. Diese elektrische Spannung dient zur Übertragung elektrischer Energie, die durch die Umwandlung verschiedenster Energiequellen (herkömmlich oder erneuerbar) entsteht. Die Netzspannung verläuft in der Regel sinusförmig und gleichmäßig. Schwankungen im Stromnetz sind bis zu einem gewissen Prozentsatz (ca. 5 %) jedoch weitestgehend normal. Sie haben unterschiedliche Ursachen. In der Technik spricht man von „nichtlinearen Verbrauchern“, die zu Störungen im Netz führen können. Das sind z. B. Netzteile, Computer, elektronische Vorschaltgeräte oder Dimmer.

Die moderne Technik dieser Geräte arbeitet mit Kleinspannung. Darunter versteht man Spannungen von weniger als 50 V Wechselspannung und 120 V Gleichspannung. Der eingehende Wechselstrom muss also zunächst „gleichgerichtet“ d. h. angepasst werden. Dies hat zur Folge, dass der Strom, den diese Verbraucher aufnehmen, pulsförmig wird und eine stoßartige Aufladung zustande kommt. In der Folge wird der Strom in seiner Form verändert. Er fließt nun nicht mehr rein sinusförmig, sondern ist von Schwingungsströmen überlagert. Es kommt zu Strom- und Spannungsverzerrungen, die zu Frequenzschwankungen, langsamen oder schnellen Spannungsänderungen, zeitweiliger Überspannung oder auch Spannungseinbrüchen führen können. Ausgelöst werden diese z. B. durch spezielle Geräte, Kurzschlüsse, Unterbrechungen, Blitzeinschläge, Laständerungen, Informationsübertragungen oder spezielle Netzbelastungen.

In Deutschland beziehen wir rund 18 % unseres Stroms aus Gas und Atomkraft. Nehmen wir einmal an, Gaslieferungen werden weiterhin eingeschränkt, sabotiert und dann gänzlich gestoppt und gleichzeitig fließt kein Atomstrom mehr, so fallen 18 % der Energieversorgung weg. Allein in Deutschland nutzen 19,6 von 40,6 Millionen Wohnungen Erdgas als Energieträger zum Heizen. Mit Öl heizt ca. ein Viertel (25,6 %) der Bevölkerung, für Fernwärme haben sich 13,9 % aller Haushalte entschieden. Mit Strom werden nur ca. 4,8 % aller Wohnungen beheizt. Nun ist leicht vorstellbar, was passieren kann, wenn rund 20 Millionen Haushalte nahezu gleichzeitig auf andere Heizmethoden, meist elektrischer Art, zurückgreifen müssen. Es kommt zu einer Netzüberlastung und damit zu einem beträchtlichen Spannungsabfall. Ist eine Leitung überlastet bzw. überhitzt, schaltet sie automatisch ab. Das wird über andere Leitungen kompensiert und somit kann es zu einer Kettenreaktion kommen. Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Ohne Strom funktioniert jedoch auch keine Photovoltaikanlage und auch kein Blockheizkraftwerk.

Um ein Haus oder eine Wohnung halbwegs aufzuheizen, braucht man 6 kW. Bei 40 Millionen Haushalten sind das 240 Millionen kWh. Diese Belastung kann kein Stromnetz aushalten. Zum Vergleich: Das Atomkraftwerk Lingen erzeugt pro Stunde ca. 1,4 Mio. kW. Um den Strombedarf ganz Deutschlands zu decken, bräuchten wir 170 vergleichbare Atomkraftwerke. Je mehr elektrische Geräte also gleichzeitig ans Netz gehen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass das Netz nicht Stand halten kann und zusammenbricht.

Wir raten daher nicht zum Kauf einer Elektroheizung. Heizdecken sind ebenso effizient. Vor allem aber raten wir zu einem sorgsamen Umgang mit unseren Ressourcen. Schauen Sie rechtzeitig, wo sich Energiefresser ins Haus geschlichen haben. Stellen Sie auf LED um, sollten dies noch nicht erfolgt sein. Haben Sie noch alte Geräte in Betrieb? Auch hier geht viel Energie verloren. Schalten Sie ihre Geräte grundsätzlich aus und lassen Sie sie nicht im Stand-by Modus. Achten Sie darauf, lieber kaltes Wasser aus dem Wasserhahn zu entnehmen und drosseln Sie die Temperatur auch beim Duschen.

Es gibt viele Methoden, Energie zu sparen. Auch im Hinblick auf unsere Ressourcen und unsere Umwelt leistet jeder Einzelne dadurch einen wertvollen Beitrag.

Ihr Team von
Elektro Koelmann

 

Quellen:

https://de.statista.com/infografik/27327/anteil-der-energietraeger-beim-heizen-des-wohnungsbestandes-in-deutschland/
https://www.bmwi-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2019/10/Meldung/direkt-erfasst_infografik.html
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/09/PD22_374_43312.html

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